Die ausgesuchte Idylle betrifft eben den Hof selber. Hafteldorn konnte nämlich die schwere Pflugschar, die Stallung, den Dreschflegel und den braunen Ernte-Rücken nie für die Ingre-dienzien des Arkadiens nehmen, das die Dichter so preisen; und wenn eine bleiche weiche Hofdame dem haferhauenden oder aufladenden Hafteldorn aus ihrem Schloßfenster zusah, sich erquickte an der malerischen Arbeit und ländlichen Ruhe und froh bemerkte, wie nahe der braune Landmann dadurch den schönen Gemälden großer Dichter und Landschaftsmaler komme: so wiinschte der braune Landmann lieber ein weißer Kammerherr zu sein. Daher trifft er in seiner Idylle das Schäferleben und goldne Zeitalter nur im Stadt- und Hofleben an; ein Irrtum, der dem Gehalte des Kunstwerks selber wenig benimmt.
Schneide, o Muse, ins Haberrohr ein Loch und pfeife vom Stadt-mann! — Dort wandern die Hofleute, zufriedene Arkadier, und sie lächeln. Keine Arbeit naht ihnen, kein Hunger und kein Krieg. Wenn in den Landmann mit dem Trunke, wie in den Judas mit dem Bissen, der Teufel fährt: so sitzen jene einträchtig an der langen Tafel und speisen nachgiebig; und die Degen, die sic führen, sind, wie der Hahn und die Pulverpfanne an der Windbüchse, nur blind. Keiner will über den andern ragen, sondem wie Pflastersteine nur gleich sein für den Fürsten, der darauftritt. —Gleichheit dieser ersten Menschen! Wie hülfreich treten sie jetzt zusammen und helfen einem gefallenen Fächer vom Boden auf!—Wie zanklos ertragen sie fremde Meinungen!Wie lieben sie den Menschen und haben das Bild desselben überall stehen, als Statue oder als Kniestück oder an der Brust als Brustbild!
Welche ewig lächelnde Ruhe! Unter dem seidnen Palmblatt des Sonnenschirms und neben dem schönbemalten Ofenschirm kennen sie keinen Wechsel der Jahreszeiten. Wie die ersten Eltern arbeiten diese ersten Kinder nie, und die breiten tiefen Arbeits-körbe sind weit entfernt von ihren Arbeitskörbchen. Keine Bedürfnisse, kein Hunger, kein Durst quälet sie, sondern immer genießend ruhen und sitzen sie wie die Wilden tagelang und nächtelang und wissen keine Zeit; wie die Goldammern durch-leben sie die erleuchtete Nacht und nehmen stets etwas zu sich. — Die Kanonen des Kriegs und die Stoßwinde des Lebens hören sie so wenig in der Lust als der Auerhahn einen Schuß, wenn er falzt.
Kein Geld ist unter den schuldlosen Arkadiern; wie heilige Mönche tragen sie keines bei sich und spielen scherzend nur urn gefärbtes Elfenbein. Und an den Schäferinnen tun sich jeden Abend die roten und die weißen Nachtviolen der Scham und Unschuld auf, Lilien, auf die Brust gemalt, nicht auf den Rücken. Alsdann liebet das ganze Hirtenland, und an den Hirtinnen funkeln die Steine, und die Hirten folgen den hellen Steinen; wie die Insektenweibchen nächtlich schimmern, um die Mannchen nachzulocken.
Nie fliehe diese Unschuld und Freude aus demi Hirtenlande der Hofmänner und Hofweiber, sondern sie wachse!