Wer hat Angst vor ‚dem‘ Nashorn?

Überschrift und Bild dieses Eintrags sind grob irreführend. Es geht nicht um die Angst vor einem konkreten Nashorn, sondern um die vor dem Gattungsabstraktum das Nashorn, also ein eher sperriges Thema. Normale Menschen haben davor keine Angst, allenfalls Leute , die für philosophische Probleme anfällig sind. Zu den Abstrakta gehören Begriffe wie Begriff, Zahl, Menge, aber auch Ware oder eben Gattungsnamen. Marx beschrieb seine Probleme mit der Warenabstraktion so: 

Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, daß sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken. [… Ein Tisch bleibt Holz], ein ordinäres sinnliches Ding. Aber sobald er als Ware auftritt, verwandelt er sich in ein sinnlich übersinnliches Ding. Er steht nicht nur mit seinen Füßen auf dem Boden, sondern er stellt sich allen andren Waren gegenüber auf den Kopf und entwickelt aus seinem Holzkopf Grillen, viel wunderlicher, als wenn er aus freien Stücken zu tanzen begänne.

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Anarchismus, Mystik, Sprachkritik

“Alle Philosophie ist Sprachkritik (aber nicht im Sinn Mauthners).“
Ludwig Wittgenstein

Mit dem Werk Fritz Mauthners, des mittlerweile nahezu unbekannten Pioniers sprachkritischer Philosophie an der Wende zum 20. Jahrhundert, haben wir uns am 9. Oktober 2019 im Logoi. Institut für Philosophie und Diskurs in Aachen beschäftigt und mit dem seines Freundes und Mitarbeiters Gustav Landauer (Bild).

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Philosophie als Sprachkritik

Das vielleicht überraschende Bild (Marc Chagall, Jakobs Traum von der Himmelsleiter) verweist auf die Leitermetapher bei Wittgenstein, bei Mauthner, bei O.F. Gruppe … – und in der (jüdischen) Mystik

Sprachkritische Philosophie ist nicht nur Sprachphilosophie im Sinne einer Philosophie der Sprache, sondern thematisiert Sprache als Grundlage der Philosophie. Sie wäre unzureichend bestimmt, wollte man in ihr nur die Bemühung um definitorische Präzisierung der Begriffe und allgemein um technisch-methodische Verbesserungen der Wissenschaftssprache einschließlich der der Philosophie sehen.

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Zweck und Mittel

Mit diesem Begriffspaar habe ich mich in der Vergangenheit viel beschäftigt und werde es in der Zukunft vielleicht wieder tun. Es ist mir nicht gelungen, die Thematik so launisch und kurz auf den Punkt zu bringen wie die Zeichnung. Mit anderen Worten: meine bisherigen Beiträge sind recht ernsthafte philosophisch-wissenschaftstheoretische Überlegungen. Man kann sich ihnen auf verschiedene Weisen nähern:

In der Diretissima. Bergsteigtechnisch ist das der eher anstrengende direkte Angang auf den Gipfel in womöglich dünner Luft. Warum man auf den Gipfel will, wird dabei nicht diskutiert, sondern vorausgesetzt. Inhaltlich würde ich es als eine knappe, recht abstrakte Darlegung charakterisieren, warum die Rede von Zweck und Mittel nicht so einfach ist, wie sie uns normalerweise scheint. Ich habe sie auf dem 16. Weltkongress für Philosophie im Jahre 1978 in Düsseldorf vorgetragen.

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Missratene Söhne. Anarchismus und Sprachkritik im Fin de Siècle

Im Nachgang zu dem unten erwähnten Seminar zu Landauer hatte ich Gelegenheit, ein für Landauer und Mauthner einschlägiges Buch zu rezensieren:  Missratene Söhne. Anarchismus und Sprachkritik im Fin de Siècle, in dem Carolin Kosuch das Leben von Fritz Mauthner, Gustav Landauer und Erich Mühsam und insbesondere ihre Stellung zu Anarchismus und Sprachkritik porträtiert.

Carolin Kosuch, Missratene Söhne, Anarchismus und Sprachkritik im Fin de Siècle, Schriften des Simon-Dubnow-Instituts, Bd 23, Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 2015, 390 Seiten, ISBN 9783525370377, 70€

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Alle Philosophie ist Sprachkritik – im Sinne Mauthners?

Im Sommer 2013 gab es von Jan Rolletschek an der Humboldt-Universität ein Seminar über den Anarchisten, Atheisten, Sozialisten, Genossenschaftler, Schriftsteller und Mystiker Gustav Landauer, der wegen seiner Rolle in der Münchner Räterepublik 1919 ermordet wurde. Er ist nicht nur für die Geschichte der solidarischen Ökonomie und des utopischen Denkens wichtig, sondern auch für die Tradition sprachkritischer Philosophie, besonders im Zusammenhang mit Fritz Mauthners Kritik der Sprache. Deshalb habe ich es übernommen, am Dienstag 4. Juni 2013 um 16 h c.t. in der Georgenstr.47 Raum 0.09. (ja, das ist auch eine Veranstaltungsankündigung und -einladung!) diese Zusammenhänge darzustellen.

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Erlanger Konstruktivismus

In den späten sechziger und den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts war neben der Frankfurter Schule die der Erlanger Konstruktivisten, mit ihren Gründern Kamlah und Lorenzen, eine der beachtetsten und einflussreichsten Richtungen der deutschsprachigen Philosophie. Die Logische Propädeutik gehörte an vielen Universitäten zum Curriculum, Lorenzen unterrichtete parallel neben Erlangen in Boston und Austin(Texas), es kam beim Philosophenkongress 1969 in Düsseldorf zur „Großen Koalition“ der deutschen Philosophie mit Habermas; sogar die hohe Politik, (sowohl Helmut Schmidt wie Oskar Lafontaine [sic]) nahmen sie in Anspruch. Ich hatte das Glück, damals in Erlangen zu studieren.

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Philosophy meets Robotics

„Philosophy meets Robotics“ war der Titel der „8th European Conference on Computing and Philosophy“. zu der Gäste von Schweden bis Türkei, Portugal bis Russland, aber auch aus China, Japan, Israel, Südamerika und USA kamen. Das inhaltliche Spektrum war ähnlich breit gefächert: Philosophy of Computer Science, Information and Cognition, Robotics, AI and Cognitive Systems, Computational Neurosciences of Emotion and Consciousness, Computational Approaches to Thought and Action, um nur einen Bruchteil zu nennen. Wie meist bei Kongressen nutze ich den Blog nur, um meinen eigenen Beitrag vorzustellen. (Die anderen sollte man über obige Webseite der Konferenz finden. Derzeit finde ich allerdings keine elektronische Variante der Kongressakten – angesichts des Themas etwas verwunderlich!) Was auch schon Tradition hat: meinen Beitrag gibt es in schriftlicher Form gar nicht. Die Fassung für die Akten ist schon veraltet und enthält die interessantesten Passagen nicht. Die vorgetragene Fassung habe ich nur als Präsentation, aus der man ohne Erläuterung wahrscheinlich nicht schlau wird.

Computer und Philosophie

2008 hatte ich auf dem Deutschen Kongress für Philosophie in Essen einen Vortrag über „Logik und Handlung im Computer“ gehalten. Der brachte mir nun mittlerweile eine Einladung zur ECAP10 ein, der europäischen Konferenz der International Association for Computing und Philosophy ein. Sie findet im Oktober an der Technischen Universität München statt. Weiterlesen „Computer und Philosophie“

Logik, Handlung, Organisation

Nach einer Lesefrucht nun eine der selteneren Schreibfrüchte. Vor einigen Wochen hatte ich ja schon von der Bonner Tagung zur Wissensorganisation berichtet und dabei meinen eigenen Beitrag sozusagen angekündigt. Der Abgabetermin ist noch nicht einmal einen Monat verstrichen – und schon ist er fertig.

Er hat als Thema „Logik als Organisation von Handlungen“.

Darin sollen zwei Themen aus meinen beiden beruflichen Vergangenheiten zusammenwachsen, die IMHO (=m.E.) zusammengehören. Weiterlesen „Logik, Handlung, Organisation“