Einst hatten sich an einem schwülen Sommertage drei Schäfer
um eine klare Quelle gelagert. Sie saßen hier voll
jugendlicher Freude, und lachten, und aus der Quelle lachte einem jeden ein Schäfer freudig entgegen. Sie erzähleten sich einander, und die Schäfer in der Quelle erzähleten sich auch
einander. Sie erzähleten sich die Geschichte dieser Quelle, und wie gesund ihr Wasser der Herde, und den Namen der Göttin,
der sie heilig war. Doris, die hinter dem nahen Gebüsche lauschte, sahe itzt über dem Gebüsche in die Quelle. »Das ist die
Göttin dieser Quelle«, riefen alle Schäfer, indem sie das Bild der Doris im Wasser sahen, »Iaßt uns der Göttin zu Ehren ein Lied singen.«
Der erste Schäfer
o seht die schöne Göttin hier!
Wie schön, wie sanft sind ihre Blicke!
Allmächtig wie Cytherens Blicke!
Ich fühl’s, ihr Schäfer fühlt’s mit mir.
Der zweite Schäfer
Unsterblich ist die zarte Wange,
Für Sterbliche ist sie zu schön,
Kein Gott kann ihrem Reize widerstehn,
Er küßt sie still, die schöne Wange,
Und seufzt, und nennt die Göttin schön.
Der dritte Schäfer
Du Aug sieh her, hier liege ich
In himmlischem Gefühl verloren!
o dieser Blick – – zum Gott hat mich
Dies braune Auge umgeboren.
Ich fühl’s, ich bin kein Schäfer mehr.
o dieser Blick – – ihr Schäfer, seht doch her!
Alle Schäfer
Für einen Kuß, dadurch wir glücklich werden,
Nimm gerne alle unsre Herden.
»Gebt her, ihr Schäfer«, rief Doris, indem sie lachend hinter
dem Gebüsche hervortrat, »gebt her, und ihr mögt mich küssen.«
Und sie erkaufte sich die Herden von den Schäfern. Und nun sprach sie, »ihr Schäfer, ich gebe einem jeden seinen Herden wieder.
Doch nicht umsonst für eure Wahl
Küßt alle drei mich noch einmal.«