Tasso, Aminta, O golden-schönes Alter

Tasso, Aminta (1573)

O golden-schönes Alter,  

Nicht, weil von Milch die Flüsse 

Da flossen und der Honig troff von Wäldern, 

Ganz ohne Mühewalter 

Der Acker trug Genüsse 

Und giftlos strich die Schlange über Feldern; 

Nicht, weil nie Wolkendräuen 

Ein finstres Zelt bereitet, 

Nein – ewiges Erfreuen – 

Der Frühling sich in ständigem Erneuen 

Lachend vor Himmelsheiterkeit gebreitet, 

Auch kein fremder Besucher Krieg oder Waren brachte an das Ufer. 

Für Tasso steht ein anderer Aspekt des Goldenen Zeitalters im Vordergrund, nämlich:

Weil da noch galt: Erlaubt ist, was gefällt 

Da führten zwischen Bächen 

Und Blumen hübsche Reigen 

Die Amoretten ohne Feuerbrände, 

Da mischten in ihr Sprechen, 

Gesellig unter Zweigen, 

Nymphen und Hirten Flüstern, Spiel der Hände 

Und Küsse ohne Ende; 

Das Mädchen nackt und bar 

Barg nicht der Rosen Füllen, 

Die Schleier heut verhüllen, 

Noch ihrer festen Brüste Apfelpaar; 

Oft auch in blanken Seen 

Konnte die Liebenden man baden sehen. 

Nur dein Werk war es, Ehre, 

Dass Diebstahl ward, was Amors Gabe wäre.

Was suchst Du hier, auf Heiden, 

Auf denen du umsonst um Herrschaft rechtest? 

Am besten wärs, du brächtest 

Unruhevollen Schlummer 

Dem, der da viel bedeute, 

Uns aber, kleine Leute, 

Laß leben wie in Urzeit, frei von Kummer, 

Lasst lieben uns, es lassen 

Die Jahre Menschenleben bald verblassen. 

Lasst lieben uns, die Sonne sinkt und hebt sich, 

Uns glänzt nur kurz ihr Funkeln, 

Bald hüllt uns ein die ew’ge Nacht mit Dunkeln.