Ursprünglich wollte ich ja zu einer Woche mit meinem alten Lieblingsthema Arkadien einladen, aber jetzt gefällt mir ein anderes noch besser – und Euch vielleicht auch:
Europas Süden – Krisen- und Sehnsuchtsland
Der Grundgedanke ist einfach: die Länder, die jetzt besonders unserer Solidarität bedürfen, sind auch die, denen viele von uns seit langem viel Sympathie entgegenbringen. Wir verbringen nicht nur unsere Urlaube dort, sondern haben dort Anregungen empfangen, die unsere Lebenspläne und Gesellschaftsentwürfe wesentlich geformt haben. Grund genug, in einer Zeit, wo im Süden selbst die Sparmaßnahmen neue Anlässe für solidarische Lebens- und Wirtschaftsformen geschaffen haben und die Menschen enger zusammenrücken, zu überlegen, wie wir uns in einen solidarischen europäischen Zusammenhang einbringen können.
Aber Sehnsucht ist ja noch etwas anderes als Solidarität – und da kommt wieder Arkadien ins Spiel: war das doch seit Jahrhunderten ein Synonym für ein müheloses einfaches Leben in südlicher Landschaft. Wie der Urlaub die Zeit, so ist Arkadien das Land, wo nicht gearbeitet wird und genügend Raum für Liebe und Kunst bleibt. Vielleicht lebt das ja sogar im Ressentiment gegen den faulen Südländer fort – und dieses Vorurteil widersteht allen empirischen Gegenbelegen, weil es gar nicht der Realität entstammt, sondern unseren eigenen unterdrückten Sehnsüchten, die wir auf den Süden projizieren. Dieser Dialektik können wir in Theorie und Praxis nachgehen.